Belgienrundfahrt

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Belgienrundfahrt 2012 - Magen-Darmgrippe bremst deutsches Tandem aus

 

Die Vorhersage für das lange Wochenende über Himmelfahrt prophezeite kühle bis angenehme Temperaturen, jedoch stets regnerisches und windiges Wetter. So musste der Kleiderschrank wiedermal alles hergeben, was er an Radbekleidung zu bieten hatte. Während der Anfahrt zum zentralen Stützpunkt des Rennens in Westerlo teilte mir Pilot Alexander Obert mit, dass er bedingt durch eine seit Montag aufgetretene Magen-Darmgrippe nicht fit sei und hoffe, das Rennen einigermaßen zu überstehen. Diese Einschätzung sollte sich über Nacht erhärten, denn Alex musste mehrfach in der Nacht und auch tagsüber Richtung Toiletten rennen. Es blieb einfach nichts drin.

 

Entsprechend geschwächt und unausgeschlafen stand er am Morgen darauf mit mir am Start zum Prolog in Gedinne. In dem kleinen Ardennenort findet vormittags auf einer bergigen Motorrad- und Autorennstrecke ein 5 km Einzelzeitfahren und am Nachmittag auf gleicher Strecke ein 75 km Straßenrennen statt. Die Temperaturen morgens waren zwar sehr frisch, doch es war trocken und die Sonne kam sogar immer wieder durch. Das Zeitfahren schlossen wir erwartungsgemäß nicht in den Top 10 Rängen ab. Dazu war Alex einfach zu geschwächt und der Kurs zu bergig. Beim Straßenrennen lief es etwas besser. Wir konnten zwar nicht mit der Spitzengruppe in der Sprintwertung mitfahren, schlossen das Rennen aber im Hauptfeld ab und konnten im Zielsprint noch Platz 7 sichern. So hofften wir, dass es Alex die Tage darauf deutlich besser gehen würde, um wieder ganz vorn mitfahren zu können.

 

Das Starterfeld war dieses Jahr wieder äußerst hochkarätig besetzt. die gesamte Tandem-Nationalmannschaft von Polen, den Niederlanden, Canada, den USA, Rumänien und Belgien stand am Start. Dazu noch ein französischer Neueinsteiger und wir als einziges deutsches Tandem. Bei den Frauen waren diesmal seit einigen Jahren wieder 8 Tandems aus Irland, Canada, Polen, Weißrussland und den Niederlanden angereist. Sie waren alle außergewöhnlich gut in Form, denn das Wochenende darauf über Pfingsten findet in Rom ein Weltcup statt, bei dem sich noch mancher für die Paralympics in London qualifizieren Muss. Entsprechend hoch waren das Renntempo und die Attacken teils sehr hart.

 

Der zweite Renntag in Overpelt mit einem flachen aber eckigen Kriteriumskurs lief gar nicht gut für uns. Alex fühlte sich, als ob ihm jemand den Stecker gezogen hätte. Zu allem Unglück ließen die Teams aus Polen und den Niederlanden eine dreiköpfige Ausreißergruppe ziehen, da jeweils ein Tandem ihrer Nation dabei war, auch wenn diese in der Gesamtwertung weit hinten standen. Das Tandem aus Belgien war ebenfalls dabei und nutzte diese Chance für einen Podiumsplatz in dieser Etappe. Wir kamen im Hauptfeld ins Ziel, wurden im Zielsprint jedoch durch den Kraftmangel nach hinten durchgereicht und landeten schließlich auf Platz 13. Der einzige Trost war, dass der Wetterbericht nicht Recht behalten hatte. Es war weder so kalt noch regnerisch wie vorhergesagt.

 

Am dritten Renntag standen wieder ein Zeitfahren morgens und ein Straßenrennen am Nachmittag auf dem Programm. Das Zeitfahren fand diesmal auf einer Radrennbahn mit 383 m Rundenlänge statt. Es waren 6 Runden zu fahren, was ca. 2,3 km entspricht. Endlich fühlte sich Alex auch wieder etwas fitter. Das Wetter war hervorragend warm und sonnig. Also ideale Bedingungen. Mit 2:53,9 min. lagen wir zwar nur auf Platz 9, aber trotzdem noch sehr dicht an den mit 2:44,6 min. in dieser Etappe siegreichen USA.

 

Der Sieg im Zeitfahren brachte den USA jedoch kein Glück. Bis zu diesem Zeitpunkt in der Gesamtwertung auf Platz 2 liegend hatten sie durch zu spätes Anbremsen vor einer engen Linkskurve im Straßenrennen am Nachmittag gleich auf Runde 1 einen Sturz, der das Feld in zwei Gruppen trennte, da an der Engstelle für alle hinter den USA fahrenden kein Durchkommen war. Ein weiteres Tandem aus den Niederlanden stürzte dabei ebenfalls, da es nicht mehr ausweichen konnte. Wir hatten dabei großes Glück, denn bei dem Sturz touchierte mich der Lenker des US-Piloten noch an der Hüfte. Glücklicherweise rutschten sie jedoch noch hinter unserem Hinterrad quer über den Asphalt. Dabei zogen sie sich einige Schürfwunden an Armen und Beinen zu, die sie jedoch nicht hinderten, das Rennen fortzusetzen. Wir konnten indes mit der Spitzengruppe den Vorsprung auf den Rest des Feldes immer weiter ausbauen. Das US-Tandem legte sich gleich nochmal wenige Runden später in einer ähnlichen Situation auf den Asphalt. Dabei zerstörten sie nicht nur ihre Radbekleidung, sondern auch noch ihre teuren Carbonlaufräder. Diese wurden schnell vom Materialwagen getauscht und die USA waren - zwar weit abgeschlagen - aber immer noch im Rennen.

 

In Runde 5 ereilte uns dann ein herber Schicksalsschlag. Bei einem Antritt brach an der beinahe neuen Antriebskette das Kettenschloss und dies ausgerechnet noch an der am weitesten von der Start-Zielgeraden entfernten Stelle des 5 km Rundkurses. So mussten wir zu Fuß im Laufschritt ca. 2 km zurücklegen, um die gerissene Kette wieder mit Werkzeug zusammen zu nieten. Dies kostete uns in Summe so viel Zeit, dass wir vom Feld überrundet wurden. Da wir nun abgeschlagen allein im Wind fahren mussten, holte uns das Hauptfeld nach wenigen Runden nochmals ein. Diese Gelegenheit konnten wir nutzen, um bis zur vorletzten Runde den Windschatten des Feldes zu genießen, um rechtzeitig vor dem Zielsprint des Feldes nach vorn auszureißen, um nicht die Zeitstrafe für zweifache Überrundung zu kassieren. Diese Aktion war zwar sehr kraftraubend, sparte uns in der Gesamtwertung aber mehr als 10 min. Zeitstrafe. Damit lagen wir bereits vor den Amerikanern, die 3 Strafrunden kassierten und damit aussichtslos auf Rang 13 zurückfielen.

 

Der letzte Renntag in Essen an der niederländischen Grenze verlief endlich etwas besser. Der Kurs war wie für uns gemacht. Die Runde mit ca. 2,7 km war absolut flach und hatte 13 teils enge Kurven, vor und nach denen fast immer zur Verkehrsberuhigung Bodenschwellen aufgeteert waren. Das hieß regelmäßig voll antreten und immer den Lenker gut festhalten. Endlich fühlte sich Alex etwas besser, auch wenn der Durchfall ihn noch 5 min. vor Start heimsuchte. Wir konnten diesmal in den beiden Sprintwertungen in Runde 7 und 14 der 21 Runden (ca. 79,5 km) mitsprinten und erreichten dabei Rang 3 und 2. Leider konnten sich auf den letzten Runden des Rennens erneut die Niederländer und Polen mit je einem Tandem absetzen. Mit dabei war schließlich noch ein Kanadier. Im Zielsprint des Feldes belegten wir Platz 7. Die USA hatten erneut Pech. Ihnen fiel während des Rennens die Synchronkette runter und sie wurden dadurch überrundet. An ihrem Ergebnis in der Gesamtwertung änderte dies allerdings nichts mehr, da die hinter ihnen liegenden Tandems ebenfalls überrundet waren.

 

Für uns änderte sich durch die Zeitenaddition in der Gesamtwertung leider nichts mehr. Durch die Zeitstrafe vom Vortag konnten wir uns in der Gesamtwertung nicht mehr nach vorn verbessern und landeten unglücklich auf Rang 12. In der Sprintwertung gelang uns durch die beiden Sprintplatzierungen immerhin noch Platz 8.